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Datum: 30.11.2022

Archivalie des Monates Dezember 2022: Vor 65 Jahren kam die Realschullehrerin und Künstlerin Hildegard Jirik nach Fallingbostel

Kunsterziehung und Geografie waren die Fächer, die Hildegard Jirik von 1957 an 21 Jahre lang an der Fallingbosteler Mittelschule (der späteren Realschule) unterrichtete. Aber sie begnügte sich nicht damit, Kunstlehrerin zu sein, sondern betätigte sich in ihrer Freizeit selbst künstlerisch. 

Bild vergrößern: Hildegard Jirik (1919-2011) in ihrem Atelier 1970
Hildegard Jirik (1919-2011) in ihrem Atelier 1970

Hildegard Jirik wurde 1919 in Wien geboren. 1938 kam sie mit ihren Eltern nach Niedersachsen. In den Jahren 1951 bis 1955 besuchte sie die Werkkunstschule Hannover und studierte bei den Professoren Erich Rhein, Johannes Itten und Kurt Schwerdtfeger. Sie unternahm Bildungs- und Studienreisen in ganz Europa. 1955 bestand Hildegard Jirik die Mittelschullehrer-Prüfung in Kunsterziehung und Geografie. 1956 begann ihre künstlerische Mitarbeit beim Laienspiel-Verlag in Weinheim. Nach einer kurzen Tätigkeit an der Realschule Seelze unterrichtete sie von 1957 bis zu ihrer Pensionierung 1978 an der Realschule Fallingbostel.

Der Kreisstadt blieb sie weiterhin treu – Hunderte von Fotografien des Ortes legen von ihrer Verbundenheit Zeugnis ab. Unermüdlich war sie auch nach der Pensionierung künstlerisch tätig. Ihre Arbeiten wurden in der Walsroder Galerie Hohmann sowie in zwei Ausstellungen 2002 im Soltauer Ratssaal und 2003 im Bad Fallingbosteler Ratssaalfoyer gezeigt. Die Resonanz war groß – ihre eindrucksvollen Blumenbilder und Porträts, Landschaftsbilder und Szenen aus einer Kleinstadt, nicht zuletzt aber die Arbeiten in der von ihr entwickelten Technik der Batikmalerei, bei der die Batiken nicht mehr mit Wasser in Berührung kommen, faszinierten viele Besucher. 2011 starb Hildegard Jirik, die zuletzt in einem Bad Fallingbosteler Seniorenheim gelebt hatte.

Bild vergrößern: Winterabend in der Kleinstadt (1964) - Sammlung Brandes
Winterabend in der Kleinstadt (1964) - Sammlung Brandes

Hildegard Jirik hat von ihrer „Wahlheimat“ Lüneburger Heide einmal gesagt: „Hier ist eine Atmosphäre, die meinem künstlerischen Schaffen sehr zuträglich ist, die mich vor allen ‚...ismen’ und nutzlosen Irrungen und Wirrungen bewahrt und mir alle Freiheit lässt und mich doch im Schaffen anspornt.“ Ihren Malstil bezeichnete Hildegard Jirik als ein „expressives Gestalten auf dem Boden der Realität, die sowohl das eigene Wesen trägt, als auch die prägende Umwelt mit einschließt; in meinen Arbeiten allerdings eine Realität, die von den positiven Erscheinungen des Lebens her verstanden sein will.“. Ihre Darstellungsweise nennt sie denn auch „vom Gefühl bewältigte Realität“. Ihre Arbeiten strahlen ein heiter-glückhaftes Leuchten aus, ohne dabei an Gedankentiefe einzubüßen und die Welt zu verklären. Sie gibt zu bedenken: „Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge. Er hat kein Recht zu sagen: Die Welt ist unheil. Ist er es doch selbst, der sie unheil macht!“

Bild vergrößern: Blick auf die Kirche (1979) - Sammlung Brandes
Blick auf die Kirche (1979) - Sammlung Brandes

Äußerungen wie diese lassen erahnen, wie viel Hildegard Jirik die Klassiker, allen voran Goethe, bedeuteten. „Ihr glücklichen Augen, / was je ihr gesehen, / es sei, wie es wolle, / es war doch so schön“, diese Zeilen aus dem „Lied Lynceus’ des Türmers“ aus dem zweiten Teil von Goethes „Faust“ haben Hildegard Jirik ein Leben lang begleitet. Sie waren ihr Richtschnur für ihr eigenes Gestalten, von dem sie einmal sagte: „Die Kunst will bedient sein – ich glaube, ich habe ihr mit Hingabe gedient. So mögen Menschen Freude daran haben, das ist mein Wunsch.“ Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Sie wird in Erinnerung bleiben als ein besonderer Mensch, der geprägt war von künstlerischer Kreativität, Lebensfreude und Wissensdurst.