Inhalt

Archivalie des Monats März 2021: Tauziehen und „Operation Oatcake"

Sieben Jahrzehnte lang waren von 1945 an britische Einheiten auf dem Truppenübungsplatz Bergen stationiert. In Fallingbostels Einwohnerschaft machten britische Staatsbürger immerhin ein Drittel aus. Da kann es nicht überraschen, dass Brauchtum von der Insel auch in der Heide gepflegt wurde – wie das Tauziehen und die „Operation Oatcake" beweisen.

Das Tauziehen – oder „Tug of war", wie es die Briten nennen – hat eine lange Tradition. In China war es vom 8. bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. im Frühling und im Herbst Bestandteil des Trainings der Krieger. Im antiken Griechenland wurde es dagegen ab ca. 500 v. Chr. vor allem als Training für andere Sportarten ausgeübt.

 

Ab etwa 1000 ist das Tauziehen im westlichen Europa nachweisbar. Es erschien dann im 15. und 16. Jahrhundert in Frankreich und Großbritannien. Das Tauziehen wurde gegen Ende des 19. Jahrhundert organisiert betrieben und war von 1900 bis 1920 sogar olympische Disziplin. In Großbritannien erfreut es sich bis heute großer Beliebtheit – es ist auch Bestandteil der schottischen „Highland Games".

 

Deshalb lag es nahe, dass bei den vom Sportverein SV Fallingbostel veranstalteten deutsch-britischen Sportfesten in den 1980er Jahren auch Tauziehwettbewerbe zum Programm zählten. Wie verbissen es dabei zur Sache geht, zeigt das Foto der britischen Mannschaft 1981. Etwas laxer ging es 1985 zu – vielleicht aber auch nur in den wenigen Sekunden vor dem Wettkampfbeginn.

 

Möglicherweise machten sich schon im Voraus die Fallingbosteler Teilnehmer keine großen Hoffnungen auf einen Sieg, denn das Tauziehen zählte zu den „Wettkämpfen ohne Punktewertung". Die im Programmheft des Sportfestes 1985 abgedruckten Regeln für das „Tauziehen ohne Gewichtsbegrenzung" hielten fest: „Das Tauziehen wird zuerst zwischen zwei Mannschaften der 7 Armoured Workshop REME untereinander durchgeführt. Aus diesen beiden Mannschaften wird danach eine neue Mannschaft der 7 Armoured Workshop REME gebildet, die dann gegen eine Mannschaft der Stadt Fallingbostel antritt."

 

Der zweite Wettkampf, der ohne Punktewertung durchgeführt wurde, war das Handballspiel auf dem Großfeld. Der Grund dafür dürfte in den Mannschaftsaufstellungen gelegen haben. Dem Programmheft ist zu entnehmen: „Das Handballspiel findet zwischen den Vorständen der Sportvereine und Angehörigen der 7 Armoured Workshop REME auf der einen Seite gegen die Stadtverwaltung und den Rat der Stadt Fallingbostel auf der anderen Seite statt. Jede Mannschaft besteht aus 11 Personen – beliebig viele Auswechselspieler sind zugelassen. Spieldauer: 2 x 15 Minuten."

 

Nicht nur beim Sport gab es einen britisch-deutschen Kulturtransfer, auch beim Essen war dies der Fall. Die „Operation Oatcake" des Staffordshire Regiments war auf dem Fallingbosteler Weihnachtsmarkt 1987 jedenfalls ein voller Erfolg. Sogar der NDR interessierte sich dafür. Der junge Rundfunkreporter Michael Thürnau berichtete: „Sie haben schon eine besondere Art von Humor, die Engländer. Da marschierte gestern abend ein Bataillon an einem Pfannkuchen vorbei und salutierte. Hintergrund des Klamauks mit Pauken und Trompeten: Die Soldaten nahmen Teil am traditionellen Weihnachtsmarkt in der Heidestadt Fallingbostel und bei dem Pfannkuchen handelte es sich auch nicht um einen beliebigen, sondern um einen Staffordshire Oatcake, eine Art von Deluxe-Pfannkuchen."

 

Zwar wird der Staffordshire Oatcake nur aus zwei Teilen Hafermehl, einem Teil Vollkornmehl, einem Teil Weizenmehl, Salz, Hefe und Wasser gebacken.

 

Zum Frühstück aber mit (geschmolzenem) Käse, Tomaten, Schinken usw. gereicht, gewinnt er sehr an Geschmack.

 

Bürgermeister Gerlach erinnerte der Hafermehlpfannkuchen aus der inmitten der englischen Midlands gelegenen Grafschaft beim Probieren auf dem Weihnachtsmarkt an Pizza, andere Fallingbosteler zogen Buchweizenpfannkuchen als Vergleich heran.

 

Ernster Hintergrund der der „Operation Oatcake" war 1987 die jährliche BBC-Wohltätigkeitsaktion „Children in Need – Kinder in Not". Die Staffordshire Oatcakes gingen – wenn der Vergleich nicht so hinken würde – weg wie warme Semmeln. Für den guten Zweck wurde einiges eingenommen und zur Verständigung zwischen Briten und Deutschen trug die Aktion auch bei.