Archivalie des Monats März 2017: Mit August Freudenthal an einem Pfingstmorgen in der Lieth
Für Sommerfrischler bildeten das Böhmetal und die Lieth die Hauptanziehungspunkte von Fallingbostel. Wie sehr gerade die Lieth die Gäste beeindruckte, machte der 1851 in Fallingbostel geborene Schriftsteller August Freudenthal im ersten der vier Bände seiner „Heidefahrten" deutlich.
In dem 1890 erschienenen Buch lädt August Freudenthal die Leser dazu ein, einen Spaziergang in – wie es bei ihm heißt – „diese herrliche Buchenwaldung" zu machen, die fast unmittelbar an den Ort, der damals bei weitem noch nicht die heutige Ausdehnung hatte, grenzt. August Freudenthal ist so angetan von der Lieth, dass er es nicht bei einer prosaischen Beschreibung dieser kleinen Wanderung bewenden lässt. „Besser als Prosa", stellt er fest, „vermag übrigens die Poesie die Schönheiten der Lieth bei Fallingbostel zu schildern". Und so fügt er dann seine poetische Schilderung eines „Pfingstmorgens in der Lieth" in die „Heidefahrten" ein:
Pfingstmorgen in der Lieth
I.
O maienfrisches Waldgelände,
Das hier in wunderbarer Pracht
Des Heideabhangs steile Wände
Mit grüner Wölbung überdacht!
Die Wipfel rauschen, Quellen springen,
Ein Friedenshauch das Tal durchzieht;
Im Buchengrün hoch oben singen
Die Vögel hell ihr Morgenlied!
Und unten tief durch Wiesenmatten
Wie lieblich schlängelt sich der Fluss;
Süß schmeichelnd, wie das Weib den Gatten,
Umschlingt er des Geländes Fuß.
Wie atmet hier die Seele freier,
Fern von der Städte wildem Strom! -
O wunderbare Frühlingsfeier
Im maienduftigen Waldesdom!
II.
Und höher führt der Pfad hinan,
Das frische Buchengrün verschwindet;
An düstern Schluchten tief im Tann
Der schmale Weg sich aufwärts windet.
Bis endlich über Wald und Tal
Der Blick sich öffnet in die Weite,
Und unten ruht im Sonnenstrahl
Das ganze liebliche Gebreite.
Wie farbenschön, wie mannigfalt
Das Bild zur Rechten und zur Linken;
Und aus der Ferne überm Wald
Der Heimat rote Dächer winken.
Sei mir gegrüßt, du schönes Tal
Im walddurchwebten Frühlingskleide!
Sei mir gegrüßt viel tausend Mal
Du Paradies im Schoß der Heide!